Bahn-ExpressFeldbahnen in Bayern

Deutsche Bundespost, Bahnpostamt, 80335 München

26.08.1985/ FiB/ Im Jahre 1910 wurde, um Postsachen zwischen dem Hauptbahnhof München und dem Postdienstgebäude an der Arnulf-/Hopfenstraße zu befördern, eine postei­gene U-Bahn gebaut.

Sie hatte drei Stationen. Station I befand sich unter dem Querbahnsteig des Starnberger Bahnhofs, Station II unter dem Postamt 2, das sich damals nördlich der Arnulfstrasse befand. Station III, heute zur Wartung und Pflege der U-Bahn­fahrzeuge genutzt, befand sich 50 m vor dem jetzigen Endpunkt der Bahn, der heu­tigen Station IV.

Der Tunnel führte vom Starnberger Bahnhof in einem Bogen von 25 m Radius zur Ar­nulfstraße, dann weiter zur Seidlstraße. Diese unterquerte die Bahn, wobei sie ihren tiefsten Punkt von 6.8 m unter der Straßenoberfläche erreichte. Schwach ansteigend führte die Trasse nun weiter zum Postamt München 2. Dort mündete sie in zwei Tunnel aufgeteilt in das Postdienstgebäude ein. In einer Rechtskurve bog sie dann zum Bahnpostamt ab und hatte nach rund 350 m ihre Endstation unter dem Bahnpostamt (Station III) erreicht. 1950 wurde die Strecke um 50 m zur Station IV direkt unter dem Postdienstgebäude Hopfenstraße verlängert.

In der Endstation endeten die Gleise parallel nebeneinander. Auf jedem Gleis fuhr ein Zug von Station I über Station II nach Station III und zurück.

Die Lokomotiven, gebaut von Krauss (mech. Teil) und Siemens-Schuckert (el. Teil), wurden mit Drehstrom von 155 Volt und 50 Perioden betrieben. Der Motor hatte eine Leistung von 3 PS, die dem Zug eine Geschwindigkeit von 10-12 km/h verlieh. Gebremst wurde mit Federkraft, die über ein Hebelgestänge und Brems­klötze auf die Räder der Lokomotiven wirkte. Zum Lösen der Bremse verwendete man Druckluft.

Die Waggons waren als einachsige Anhänger ausgebildet. Sie hatten ein Gewicht von 150 kg und konnten maximal 120 kg Nutzlast aufnehmen.

Über jedem Gleis war an der Tunneldecke eine zweipolige Fahrleitung angebracht, das Gleis dient als 3. Phase. Jeder Zug bestand aus 4 Wagen und einer Lok, sie war in der Mitte des Zuges angeordnet. Zwei Wagen wurden geschoben, zwei gezo­gen. Für die 350 m lange Strecke brauchte der Zug rund 100 Sekunden Fahrzeit. Es konnten bis zu 10 Züge pro Stunde abgefertigt werden.

1944 wurde die Station III durch einen Bombentreffer total zerstört. 1945 wurde die U-Bahn zwischen Station I und Station II noch einmal getroffen und damit auch der Tunnel selbst zerstört. Der Betrieb konnte erst 1948 nach Instandset­zung der Anlage wieder aufgenommen werden.

In der Zwischenzeit war das Verkehraufkommen der Post stark gestiegen (Schreib' mal wieder !). Es war deshalb zweckmäßig, die Endstation der Bahn direkt unter die Briefabfertigungsstelle des Bahnpostamtes zu verlegen und die U-Bahn zu ver­längern. Dies führte 1950 zum Bau des rund 50 m langen Tunnels zur Station IV, in dem heute die Briefabfertigung arbeitet.

Diese U-Bahn war bis zum August 1966 in Betrieb und wurde erst durch die Baumaß­nahme der Verlegung der U-Bahn-Trasse unter der Arnulfstraße durch das S-Bahn-Projekt der Bundesbahn stillgelegt.

Die nach 56 Jahren in den Ruhestand versetzten Lokomotiven sollten der Nachwelt als erste U-Bahn-Lokomotiven Münchens erhalten bleiben. Eine davon kam ins Deut­sche Museum, München, eine in das Postmuseum, Frankfurt, und eine in das Ver­kehrsmuseum, Nürnberg.

Am 20.12.1966 wurde die neue Post-U-Bahn Münchens in Betrieb genommen. Sie ist 406 m lang. Von Station III in Richtung Station I besteht auf einer Strecke von ca. 120 m noch der alte, aus dem Jahre 1910 stammende Tunnel aus Formsteinen, ansonsten ist er in Fertigteilbauweise erstellt. Unter der Arnulfstraße kreuzt er die S-Bahn, die noch etwas tiefer liegt.

Es verkehren drei automatisch gesteuerte Züge im ständigen Wechsel. Ein Zug be­steht - wie früher - aus einer Lok und vier Wagen. Die Wagen sind mit einer Kippautomatik ausgestattet, die es ermöglicht, die Ladeflächen aller vier Wagen schräg zu stellen, so daß die Ladung auf ein ca. 0.7 m tiefer liegendes Förder­band fällt. Dieses Förderband führt in Station IV zur Beuteleinhängestelle. Dort werden die Beutel automatisch den verschiedenen Bearbeitungsstellen im Bahnpost­amt zugeführt.

In Station I führt das Förderband zu einer Wendelrutsche, von der die Beutel von den Bediensteten auf verschiedene Handwagen vertragen werden. Die Lokomotiven werden durch Stromschienen, die in der Gleismitte verlegt sind, versorgt (wie bei Märklin !). Die Fahrzeit zwischen den Stationen I und IV beträgt 132 Sekun­den bei einer Geschwindigkeit von 10.3 km/h. Pro Tag werden ca. 11.000 Beutel befördert; ein Wagen faßt 8-10 Beutel (das sind 275-300 Fahrten pro Tag !).

Im Rahmen des geplanten Neubaus des Briefpostamtes 4 zwischen Arnulf-, Hopfen-, Mars- und Seidlstraße wurde die Post-U-Bahn am 21. April 1988 stillgelegt. In Zukunft wird der Tunnel nur etwa 200 m lang sein, wobei dieser dann durch gummi­bereifte, gleislose, bemannte Elektrokarren befahren wird. Mit den vier Lokomo­tiven hat man ähnliches vor, wie mit deren Vorgängern: 1x Deutsches Museum, 1x Postmuseum, 1x Verkehrsmuseum und 1x eventuell Denkmal im 1993 fertigzustellen­den neuen Postamt 4 (aus: Archiv für dt. Postgeschichte, Heft 2/88).

Wer heute noch vollautomatisierte Post-U-Bahnen sehen möchte, muß nach Luzern oder London fahren, wo 1937 derartige Anlagen eingerichtet wurden. Die ein Jahr später in Zürich errichtete Anlage existiert offenbar nicht mehr.

 


© BE 1989 (Feldbahnen in Bayern)